Im Interview: Stermann und Grissemann

Die FM4-Ikonen Dirk Stermann und Christopf Grissemann genießen bei ihren Fans Kultstatus. Im Rosenheimer Ballhaus tischten sie ihrem Publikum „Die Deutsche Kochschau“ auf. Das kurzweilige Bühnenprogramm kredenzt den Liebhabern abseitigen Humors eine krude Mischung aus wortgewaltiger Satire, sehenswerten Video-Einlagen sowie tragischen Appetithäppchen aus dem Roman „Debilenmilch“. Ein Interview mit coolem Beigeschmack.

Redaktion: Was steht heute auf der Speisekarte?

Stermann: Nusspüree mit Dill, wie jeden Abend.

Grissemann: Kochen, Kannibalismus und (überlegt) was kommt noch vor?

Stermann: Nun, es ist formal die Geschichte einer Volkshochschule. Die Kochschau ist eigentlich nur eine Art Reaktion auf die Tatsache, dass es so wahnsinnig viele Kochshows im Fernsehen gibt.

Grissemann: Wir wollen einfach den Jamie Olivers dieser Welt den Kochlöffel aus der Hand reißen und wieder Zucht und Ordnung in die Küchen bringen.

Redaktion: Klingt nach einem skurrilen Eintopf. Woraus speist sich der Hang zum Grotesken?

Stermann: Das ist schwer zu benennen. In Wahrheit ist Humor immer etwas sehr Persönliches. Als Grissemann und ich uns damals getroffen haben, wollten wir unterhaltungsmäßig etwas machen, was es damals nicht gab. Da es niemand verhindert hat, haben wir dann immer mehr gemacht.

Grissemann: Wir haben ja vor 20 Jahren im Radio begonnen, dadurch sind wir es einfach gewohnt, so vor uns hin zu quasseln. So hat sich das, was wir auf der Bühne machen, zunächst im Radio so ergeben.

Redaktion: Nazi-Parodien sind häufig dabei. Sind die nicht bald abgenutzt?

Grissemann: Ja total, eigentlich find ich die echt furchtbar. Mir ist das regelmäßig peinlich. Es ist eher ein Zugeständnis, die Leute wollen das halt.

Redaktion: Existiert womöglich eine bildungspolitische Intention?

Grissemann: Nein, nein.

Redaktion: Funktioniert Ablachen als komfortable Potesthaltung?

Stermann: Wir kommen ja quasi vom alternativen Radio. Dadurch ist es unerheblich gewesen, zu deklarieren, wo wir eigentlich stehen. Es war eh immer klar, dass wir irgendwie zum aufgeklärten Teil des Landes gehören. Daher hat das für uns nie eine Rolle gespielt, andere aufzuklären. Es ist halt Unterhaltung und die Bühnenprogramme sind immer so eine Art Werkschau von dem, was wir sonst so machen.

Redaktion: Bei FM4 hört man Euch leider seltener. Terminsstress wegen der wöchentlichen Fernsehsendung „Willkommen Österreich“?

Grissemann: Hat damit zu tun, natürlich. Zudem treten wir ja auch jeden dritten Tag im Jahr irgendwo auf. Ich bin mittlerweile auch etwas radiomüde. Man muss irgendwann aufpassen, dass man nicht mit 55 noch im Jugendradio hockt.

Redaktion: Also kann man beim Late-Night-Talk in Würde altern?

Grissemann: Eher als beim Jugendradio. Aber man kann natürlich auch zu Hause auf dem Sofa in Würde altern.

Redaktion: Die Parallelen zur Harald Schmidt Show sind sicher gewollt oder?

Stermann: Natürlich, ist halt ein Format.

Grissemann: Das entspricht den Sehgewohnheiten der Zuschauer. Wir haben ja ganz anders begonnen. Da waren die Einschaltquoten katastrophal und kaum stellt man um auf Late-Night-Show mit Schreibtisch, zehn Witzen vorab und dann zwei Talk-Gäste, schauen genug Leute zu.

Redaktion: Aber es ist schon eine eigene Interpretation, so bescheiden zu zweit am total normalen Schreibtisch.

Grissemann: Genau, alles etwas erbärmlicher. (lacht)

Redaktion: Gern zu Gast in Rosenheim? Unterscheidet sich das oberbayerische Publikum vom Rest der Welt?

Stermann: Wir sind jetzt das dritte mal hier und es war immer gut. Rosenheim ist so nah an Österreich, dass ich das gar nicht als Ausland empfinde. Für die Leute hier scheint FM4 noch wichtiger zu sein als für die in Österreich.

Grissemann: Ich fühl mich immer wohl in Bayern, weil ich das Bayerische so mag. Es ist ein wahnsinnig angenehmer Dialekt finde ich.

Redaktion: Seit zwei Jahrzehnten im Doppelpack. Was schweißt so fest zusammen?

Stermann: Wir hatten überhaupt kein Ziel, es hat sich alles so ergeben. Mit der Zeit stellt man das auch nicht mehr in Frage. Irgendwann resigniert man, wenn man allein irgendwo hin geht und alle fragen: „Wie geht es Euch?“. Zudem funktioniert es eben auch gut. So allein als Kabarettist wäre eher furchtbar.

Grissemann: Genau, sehr einsam in dieser kargen Garderobe.

Stermann: Das ist übrigens auch im Radio unangenehm, wenn man alleine moderiert.

Redaktion: Da ist eine Fernsehproduktion sicher geselliger als das Hörfunk-Studio.

Stermann: Ja, allerdings.

Grissemann: Das Team ist aber eher klein. Wir haben zum Beispiel nur einen Gag-Schreiber, der oft betrunken ins Studio kommt und nur einen Witz abliefert. (lacht)

Stermann: Ein Bayer übrigens. (lacht)

Redaktion: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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