Seit Jahren erreicht man im Behandlungszentrum Vogtareuth erstaunliche Erfolge in der tiergestützten Therapie von Kindern im Wachkoma: Der therapeutische Einsatz von speziell geschulten Hunden als fester Bestandteil der Behandlung ist europaweit einmalig und hat sich so bewährt, dass sich selbst die skeptischsten Ärzte begeistern lassen. Am vergangenen Wochenende haben sich 300 Ärzte, Therapeuten, Eltern und Hundehalter in Aschau eingefunden, um sich über die Möglichkeiten der Hundetherapie zu informieren.
Wachkoma – ein Schicksal, dem man oftmals hilflos gegenübersteht. Besonders, wenn es Kinder trifft und sie über Monate regungslos daliegen. So wie David. Das Gehirn des 14-Jährigen war nach einem Unfall so stark geschädigt, dass er nichts mehr wahrnehmen konnte. Sein Zustand verbesserte sich deutlich, als er in die „Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation, Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche“ kam und dort auf die Hundetherapie besonders gut ansprach. „Während der Begegnung mit Momo zeigte sein Gesichtsausdruck plötzlich wieder Freude und irgendwann hat David sogar stimmlich gelacht!“ die leitenden Ergotherapeutin Ellen Romein schildert einen der vielen Behandlungserfolge. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass in Vogtareuth seit Januar 2004 Freitag Nachmittags Hundetherapie auf dem Programm steht.
Gemeinsam mit Tiertrainerin Clarissa von Reinhardt wurde dazu ein innovatives Konzept erarbeitet. Zunächst hatten sich fünf Mitarbeiter der Klinik dazu bereit erklärt, mit ihren Hunden an der halbjährigen Ausbildung teilzunehmen. Mittlerweile sind 15 Hunde abwechselnd im Einsatz. Auf sie wartet eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe, denn die Begegnung mit den schwerstkranken Kindern ist eine Herausforderung für Mensch und Tier gleichermaßen. Nicht jeder Hund ist dazu geeignet. Es kommt vor allem darauf an, dass der Hund ein ausgeglichenes Wesen und ein ausgeprägtes Interesse an Menschen mitbringt. „Wir wählen die Hunde nicht nach Rasse, sondern nach Charakter aus“ erläutert Clarissa von Reinhard. In ihrer Hundeschule „animal learn“ in Bernau bereitet sie persönlich Hunde und Hundehalter auf ihren Einsatz in der Klinik vor. Eine sehr intensive Arbeit, denn das Mensch-Hund-Gespann muss sich in eine ungewohnte und eindrucksvolle Atmosphäre einfinden. „Wir haben die Beobachtung gemacht, dass sich ältere Hunde oftmals besser auf die Situation einstellen können.“ so Reinhard.
Die Begegnungen der Kinder mit den Hunden erfolgt im Beisein von Therapeuten, Eltern und Hundehaltern. „Für uns alle ist es immer wieder wundervoll zu erleben, wie intuitiv diese Hunde das Richtige tun,“ schwärmt Ergotherapeutin Romein und erklärt den Erfolg damit, dass Hunde vielschichtiger wahrnehmen als Menschen und somit besonders empfindsam und schnell auf die Regungen der Schwerstkranken eingehen können. Wie wohl das den Kindern tut, lässt sich allein schon durch eine Muskelentspannung oder die Normalisierung des Blutdrucks feststellen. Im Behandlungszentrum Vogtareuth hat man somit bereits 52 Kindern in kleinen Schritten geholfen, vom Wachkoma zurück ins Leben zu finden. Ein schönes Beispiel dafür, wie viel gut ausgebildete Vierbeiner für uns Menschen leisten können.